Freitag, 6. Juni 2014

neues Leben für alte Klamotten

Nach dem Besuch des Vortrags über geldfreies Leben hatte ich ja schon erzählt, dass ich Großes vorhabe und die Planungen für eine riesen Weltrettungs-Sause laufen. Und gestern endlich war es soweit: Ich habe eine Kleidertausch-Party an meiner Uni geschmissen! Das Konzept war denkbar einfach: Aus alt mach neu für lau.
Kleidertauschparty
Dafür haben die Leute ihre Schränke ausgemistet und Kleider und Accessoires in gutem Zustand bei mir in der Uni abgegeben, statt sie in die Tonne zu hauen. Die Sachen wurden dann nach Größen geordnet hergerichtet und am nächsten Tag in der Mittagspause konnte jeder vorbeikommen, Klamotten anprobieren und mitnehmen, was gefällt. Dabei war es egal, ob derjenige am Tag davor Klamotten abgegeben hatte oder nicht, weil ich keine Lust hatte, mir ein Kontrollsystem auszudenken und durchzusetzen und den Aspekt des Verschenkens einfach auch viel schöner und stimmiger fand.

Mit diesem Konzept hatten die meisten Besucher tatsächlich Probleme: Selber nichts abgegeben zu haben und trotzdem etwas mitnehmen zu können war für viele eine echte Überwindung. Ich musste viel Überzeugungsarbeit leisten, dass es echt wirklich total voll ok ist, sich etwas mitzunehmen. Ganz einfach so - und nein, Spenden brauch auch niemand...
Kleidertauschparty
Eine Besucherin drückte es so aus, dass sie so sehr an den Gedanken von Leistung und Gegenleistung gewöhnt sei, dass es ihr schwerfalle, es mal anders zu machen. Eine andere sagte strahlend, wie schön es sei, einfach etwas geschenkt zu bekommen. Und eine, die es am Anfang ungerecht fand, dass Leute, die nichts gegeben haben, trotzdem was mitnehmen dürfen, hat am Ende gemeint, sie müsse ihre Meinung doch nochmal überdenken.

Es gab viele solche Äußerungen und das hat mein Gefühl gestärkt, dass es bei dieser Aktion um mehr als nur Gratis-Klamotten gegangen ist. Ich habe an diesem Tag ein ganz starkes Gemeinschaftsgefühl erlebt, weil wir etwas geteilt haben - im wahrsten Sinne des Wortes.
Alle, die Sachen abgegeben haben, waren total froh, ihren Überfluss zu reduzieren. Wenn sie mitbekommen haben, dass eins ihrer Teile einen Abnehmer gefunden hatte, war die Freude jedesmal riesig: Endlich wird das Kleidungsstück genutzt, es freut sich jemand daran, "hey, das steht dir voll gut!" und auch: Mein Geschmack ist so gut, dass meine Klamotten anderen gefallen.
Kleidertauschparty
Die Party war richtig gut besucht, die Stimmung war toll, es lief schöne Musik und in der ersten halben Stunde war soviel los, dass ich dachte der Raum sei zu klein und es würde Chaos ausbrechen. Aber erstaunlicherweise haben wirklich alle die anprobierten Sachen wieder zurückgehangen oder zusammengefaltet, sodass der Raum zu jedem Zeitpunkt ordentlich und übersichtlich blieb. Die allermeisten haben die Sachen auch anprobiert und oft auch wieder zurückgehangen, wenn es ihnen nicht 100% gefallen hat. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass jemand Dinge einpackt, bloß weil es die Sachen umsonst gab. Das war unglaublich schön zu sehen, wie achtsam und wertschätzend die Besucher gegenüber der ganzen Situation waren - kein Vergleich zu dem, was man sonst so bei H&M erleben kann!

Nachdem ich vorher schon so lange vage über eine Kleidertauschparty nachgedacht hatte, war es toll, sie jetzt so unkompliziert und schnell umsetzten zu können: Von der Idee bis zu Umsetzung waren es mal grade drei Wochen, weil die campusansässige KHG sofort einen Raum, Material und Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat und die Idee von den Studis total gut aufgenommen wurde: Bei der Aktion haben ca. 15 Leute Klamotten vorbei gebracht, es waren ungefähr 50 Besucher da und es haben super viele Klamotten neue Abnehmer gefunden, bestimmt 100 - 150 Teile. Am Ende sind grade mal sieben Tüten Kleider übrig geblieben, die wir dann zu Oxfam und zur Diakonie-Kleidersammlung gebracht haben. 
Kleidertauschparty
So eine Tauschparty kann man übrigens auch gut privat im Freundeskreis umsetzen, wenn man ein paar Leute zusammen bekommt. Außer ein paar leeren Präsentationsflächen, Kleiderbügeln, Umkleidemöglichkeit und einem Spiegel braucht es nicht viel. Und wenn man lieber eine größere Gruppe haben will, damit die Auswahl bei den einzelnen Kleidergrößen passt, finden sich bestimmt auch Anlässe: Mit Kollegen, im Verein, in der Gemeinde, mit den anderen Eltern aus der Krabbelgruppe, wie bei mir an der Uni, oder, oder, oder. Ich war ehrlich gesagt total überrascht, wie wenig Arbeit die Party gemacht hat, und das, obwohl die Uni ein relativ großer Rahmen war.
Ich hab auch schon gelesen, dass Leute Kinderklamotten, Spielzeug, Bücher oder Bastelkram getauscht haben. Im Prinzip sind der Fantasie da keine Grenzen gesetzt.
Ich bleib aber erstmal den Klamotten treu, denn viele Besucher haben sich gewünscht, dass die Party im Winter wiederholt wird. Das ist für mich natürlich das schönste Kompliment und ich komme dem Wunsch gerne nach. Die Terminsuche läuft schon.

Und, auch Lust bekommen eine Tausch-Sause zu veranstalten?

11 Kommentare:

Franka hat gesagt…

Kompliment, das sieht großartig aus und klingt nach vollem Erfolg. Beispielhaft!
LG, Franka

Frau Rennt hat gesagt…

Tolle Aktion. Bei uns zuhause gibt es sozusagen immer wieder kleine Tauschpartys. Sobald jemand Ausmistet wird der Sack oder die Kiste einmal durch den Freunden- und Verwandtenkreis getragen.

Am Ende hat jeder etwas neues und ist im gleichen Zug etwas altes losgeworden. Dadurch wird es zwar nicht unbedingt weniger zuhause aber was solls ;)

Die Reaktionen finde ich besonders spannend. Nehmen ohne geben zu müssen, ist für wirklich viele ein großes Problem. Auch ich selbst erwisch mich immer wieder dabei, wie ich ein Problem damit habe. Übung macht aber den Meister. Das ist auch diesem Fall so.

Zora hat gesagt…

Wenn ich Hemmungen habe, etwas anzunehmen, dann denke ich immer daran, wie gerne ich selbst etwas verschenke. Und dann gehe ich davonaus, dass es dem Anderen genauso geht und er sich freuen wird, wenn ich es nehme. Das hilft ungemein!
LG Zora

Daniela S. hat gesagt…

Super Idee! Da scheint ja richtig was los gewesen zu sein. Freut mich für dich, dass die Aktion so gut angenommen wurde.

In meinem Kopf geistert auch schon länger die Idee herum mit den Freundinnen so eine Tauschparty zu veranstalten. Ob die Idee allerdings auf Begeisterung stößt weiß ich noch nicht.

Liebe Grüße, Daniela

Zora hat gesagt…

Probier's doch einfach aus! Ich bin sicher, dass die Idee gut ankommen wird. Ich hab auch von Leuten, bei denen ich's nie erwartet hätte, Zustimmung bekommen.
Viel Erfolg!
Zora

Faden verloren hat gesagt…

Ganz tolle Idee! Ich bin sehr begeistert und mir wird ganz wohlig, dass Leute sich doch noch benehmen können und nicht alles rumraken und verteilen und möglichst viel zusammen raffen. Schön.

Zora hat gesagt…

"ganz wohlig" trifft es total! Genaus so hat es sich wirklich angefühlt!
LG Zora

Lena Wirrbelbrise hat gesagt…

na das scheint ja super geklappt zu haben! ich glaube, ich muss sowas mal für meine klasse organisieren.. :)

Constanze hat gesagt…

Das hört sich toll an. In Berlin gabs schon 2-3mal temporäre Kleidertauschläden (die konnten gerade nicht vermietete Ladenflächen kostenlos nutzen), und so weit ich mitbekommen hatte, funktionierte das sehr gut: Die Organisatoren fanden genügend Ehrenamtliche, die während der Öffnungszeiten ein Auge auf den Laden hatten, und es wurden sogar mehr Kleiderspenden abgegeben als mitgenommen. Man denkt immer, die Leute raffen alles zusammen und stellen die sachen dann bei ebay ein, aber wenn sowas im richtigen Rahmen stattfindet, dann wird das auch richtig angenommen.

letsdolittlethings hat gesagt…

Oh wie toll! Sowas an der Uni zu machen ist eine super Idee! Du hast mich echt auf Gedanken gebracht! Obwohl ich glaube, dass sowas an meiner riesigen Uni vieleicht nochmal ein bisschen schwieriger werden könnte... Jedenfalls ein großes Lob an dich, ich finde es gut, Leuten zu zeigen, dass es auch ohne Geld gehen kann und dass Menschen bereit dazu sind, Dinge zu geben, die sie nicht mehr brauchen, ohne dafür etwas Meterielles zurückzubekommen.

Zora hat gesagt…

@ Lucy: Als temporärer Laden find ich die Idee ja auch abgefahren!

@Leni & lesdolittlethings: Das fänd ich ja toll, wenn ihr auch unter die Tauscher gehen würdet. Ich glaub das Tauschen geht sowohl im kleinen, als auch im großen Kreis.

LG Zora