Schon lange hege ich den Traum vom Leben auf dem Land mit riesigem Obst- & Gemüsegarten und am allerliebsten auch mit eigenen Hühnern. Dazu vielleicht noch ein paar Ziegen und Kanninchen, wer weiß. Der Traum sieht vor, eigene Lebensmittel zu produzieren und konsumieren, morgens die Eier einzusammeln und abends vor'm Kamin zu sitzen. Viel im Freien zu arbeiten und sich möglichst weit selbst zu versorgen. Träumen darf man ja...
In diesem Traum kommt bewußt Tierhaltung vor, da sich Gemüseanbau und Tierhaltung extrem gut ergänzen und gemeinsam einen natürlichen Kreislauf bilden (ein spannendes Buch dazu: Ethisch essen mit Fleisch). Wo Tierhaltung stattfindet, stellt sich aber auch unweigerlich die Frage nach der Fleischverwertung. Und da wird es für mich Großstadtkind kritisch. Denn es ist eins, sich sonntags Weißwürste schmecken zu lassen, und was völlig anderes, das Kalb selbst zu schlachten und zu verarbeiten. Ich sehe mich nicht in der Lage dazu. Also müsste ich konsequenterweise sofort meinen Fleischkonsum einstellen. Puh.
Da ich meinen Traum aber gut und richtig finde, ist mir klar, dass ich noch viel, viel Lernen und mich noch ganz schön überwinden muss. Denn es wird noch absurder: Ich fasse rohes Fleisch nichtmal gerne an. Üüüüberhaupt gar nicht! Also um ehrlich zu sein: Nie! Das sind wohl noch die letzten Überbleibsel meines 10jährigen Vegetarismus. Gleichzeitig reizt mich das Thema "wursten" schon länger und bisher ist es nur am mangelndem Equipment gescheitert. Der Mensch ist halt voller Widersprüche....
Also bestand der heutige erste Lernschritt darin, Fleisch anzufassen und zu verarbeiten. Um genauer zu sein: Hähnchenleber zu Leberwurst. Geht laut Rezept von Bea Jonsohn ganz einfach und man braucht dafür kein funky Zubehör. Die Leber habe ich aus der reduzierten Kiste vom Supermarkt, weil sie sonst keiner kaufen wollte. Da ich schon lange genau darauf gewartet hatte, hieß es heute beherzt zugreifen. Ich musste nur nochmal tief Luft holen und mich überwinden.
Zutaten für 3 kleine Gläser:
115 g Butter
450 gr Hähnchenleber
Rosmarin
Lorberblatt
60ml Weißwein oder 2 TL (oder auch mehr) Brandy
Salz & Pfeffer
Zuerst kam der aller-, aller-, allerschlimmste Teil: Leber säubern und kleinschneiden. Mit gaaanz spitzen Fingern hab ich angefangen und mich ordentlich geschudert. Erstaunlicherweise hat aber relativ schnell ein Gewöhnungseffekt eingesetzt. Die zweite Packung ging dann auch schon viel besser, auch wenn ich mich trotzdem die ganze Zeit danach gesehnt habe, stattdessen Gemüse kleinschneiden zu dürfen und erleichtert aufgeseufzt habe, als ich endlich fertig war. Als dann die erste Hürde aber genommen und die Leber vorbereitet war, hat's angefangen Spaß zu machen: Butter schmelzen, Gewürze und Leber rein und brutzeln lassen, mit etwas Wein oder Brandy ablöschen. Gar schaut das Ganze dann auch nicht mehr so gruselig aus.
Nocheinmal mit Wein verfeinern, kleinmixern und in sauberen Gläsern einkochen. Klingt nach einer Sache von höchstens 10 Minuten, war aber ein ewig langer Act. Ich kann sowas einfach nicht in schnell.
Jedenfalls war die Verköstigung dann der wahre Hit! Selbstgemachte Leberwurst, geschmacklich und optisch Welten von dem entfernt, was man landläufig zu kaufen kriegt, weil sie viel kräftiger schmeckt und unfassbar dunkel ist. Der Geschmack hat mich an meine Kindheit erinnert, da gab es nämlich manchmal was mit Leber. Damals war ich davon gar nicht begeistert, heute fand ich's aber wirklich total lecker.
Und ich bin stolz wie Bolle, weil ich mich überwunden hab und einen Minischritt weiter in Richtung Traum gegangen bin. Zwar ein wirklich kleiner, aber der hatte es schon in sich.
Als nächstes stünde dann mal Fisch ausnehmen an. Ich pack schonmal meinen Fluchtkoffer!
6 Kommentare:
Super!:-) Da. Sind wir uns wohl ziemlich ähnlich! Gleicher Traum, gleicher Ekel. Vor Fleisch, der wohl ebenfalls. Von 10 Jahren. Vegetarierdasein herrührt, aber trotz allem gerne Fleischesser... ja, du bist nicht nur plastikfrei nicht allein lach!
Das Rezept klingt lecker, werde ich. Mir auf jeden Fall merken, wenn ich das nächste Mal an Leber heranlauf. Mein Bruder ist diesem Traum ja. Schon. Etwas näher, erst hat einen kleinen Hof und einige. Tiere. Dort wird nur das Fleisch gegessen, dass sie selbst auch. Sufgezogen haben irgendwie schon hart, die Hühnchen werden gestreichelt, sind. Alle zahm, die Kälber werden. Täglich gekrault... und dann gibts irgendwann wieder Fleisch! Aber die. Beiden sind davon überzeugt, denn so wissen sie, was. Sie bekommen und die Tiere hatten ein gutes. Leben! Ab und an fällt dann auch was für uns ab - und man schmeckt es dem Fleisch tatsächlich an! Viele Grüße
Das sind ja lustige Parallelen!
Ja, Fleisch essen bedeutet eben Leben nehmen, da führt halt kein Weg dran vorbei. Und so befremdlich es auch ist, was du beschreibst, ist es doch tatsächlich sehr viel ehrlicher, als ein anonymes Stück Fleisch zu kaufen, von dem gar nicht mehr recht bewußt ist, was sein Verzehr bedeutet. Ich denk, bewußtsein, was man da tut ist schon ein riesiger erster Schritt.
LG Zora
Hier ist noch so jemand mit einem ganz ähnlichen Traum.
Schlachten darfst du sowieso nicht einfach so, dafür gibt es ganz bestimmte Bedingungen, die eingehalten werden müssen! Damit das Tier möglichst wenig leidet, ist es auch in meinen Augen absolut richtig, dass nicht jeder quasi auf dem Küchentisch herumschnitzen darf. :)
Ja, das denk ich mir, dass es da hundert Auflagen zu beachten gibt. Is ja auch richtig so. Ich denk mir eh, dass davor ein "Praktikum" bei einem Metzger angesagt wäre, schließlich ist Schlachten ein Handwerk und muss gekonnt werden, damit das Tier nicht unnötig leiden muss.
LG Zora
Wie lange dauert das Einkochen und wie geht das?
Hallo Anonym,
einkochen ist eine kleine Wissenschaft, aber eigentlich gar nicht schwer. Gläser gründlich heiß spülen und zur Sicherheit nochmal mit kochendem Wasser auffüllen und eine Weile stehen lassen. Schraubdeckel ebenfalls auskochen.
Gläser ausschütten und nicht mehr reinfassen, denn jetzt sind sie steril. Leberwurst einfüllen, ungefähr 1-2 cm Platz bis zum Rand lassen. Dann die verschlossenen Gläser in einen Topf packen. Unten ein Spüllappen rein, darauf die Gläser, sie sollten sich nicht berühren. Soviel Wasser in den Topf geben, dass es auf dem selben Level wie das Einkochgut ist. Und dann kochen lassen. Je nach Glasgröße 0,5 - 1,5 Stunden. Da gibt es vielleicht bei Weck Infos zu.
Viel Erfolg dabei!
LG Zora
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