Freitag, 19. Juni 2015

Alter, neuer Familienzuwachs

Manchmal schließen sich im Leben Kreise. Das ist neulich geschehen, als ich ein Geschenk von meiner Mama bekommen habe: Ihre alte Getreidemühle.
Dieses Ding stammt noch aus den Siebzigern, wurde viel genutzt und läuft auch heute noch immer einwandfrei. In den letzten Jahren wurde es für die Mühle dann ruhiger und als es um die Frage ging, wer sich wohl daran erfreuen könnte, schoss meine Hand sofort in die Höhe! Dass sie da nicht gleich dran gedacht hat...
Und in dem Moment, als ich sie angeworfen habe, haben mich tausend Kindheitserinnerungen durchströmt. Der ohrenbetäubende Sound und der Geruch der frisch gemahlenen Körner waren mir sofort wieder vertraut. Ich hätte da im Leben nicht mehr dran gedacht, aber als ich das wieder erlebt habe, war es, als wäre ich wieder sechs Jahre alt. Malend am Küchentisch sitzend, während auf der Arbeitsplatte die Mühle vor sich hin lärmt. Kurze Zeit später riecht es dann nach frisch gebackenem Brot und wenn ich ganz viel Glück hatte, wurde es angeschnitten, wenn es noch warm war und die Butter darauf zerlaufen ist.
Ich fühle mich sehr privilegiert, solche Erinnerungen zu haben und kann meinen Eltern nur danken, dass ich als kleiner Stöpsel erlebt und mitgeholfen habe, wenn gebacken wurde, der Garten gepflegt, Adventskränze gebunden und Obst, Marmelade und Apfelkompott eingekocht wurden.

Darauf kann ich heute zurückgreifen und habe eine solide Basis, von der aus ich neue Fähigkeiten lernen kann, wie das Seife sieden, Putzmittel herstellen oder die Ackerfurche bewirtschaften. Dass ich überhaupt auf die Idee komme, solche Sachen zu machen, habe ich ziemlich sicher meiner Erziehung durch zwei gut bürgerliche Peace-Hippies zu verdanken (Knutscher an euch beide!).
Und ich sehe rückblickend, wie wertvoll es ist, als Kind an das Selbermachen, das Leben von Tradition und Naturverbundenheit herangeführt zu werden. Sicher, als Kind fand ich das selbstgebackene Brot nur am ersten Tag lecker und war Weltmeisterin darin, versteckte Zucchini in Essen zu finden und lauthals dagegen zu protestieren. Als Kind hätte ich mir auch deutlich konsumfreudigere Eltern gewünscht, weil ich auch gerne ein Stickerheft besessen hätte, um dazuzugehören. Als Jugendliche dagegen fand ich es dagegen dann sehr befriedigend, anders zu sein und eben nicht so ganz dazuzugehören. Und heute pökel ich meinen eigenen Speck und stelle eigenen Essig her und finde, dass ich trotz Andersartigkeit, einen gute Platz in und mit der Gesellschaft gefunden habe und das "dazugehören" ist überhaupt keine Kategorie des Lebens mehr.

Das alles geht mir durch den Kopf, wenn ich die Getreidemühle anschaue und mir wird klar, wie abhängig Kinder von dem sind, was ihnen vorgelebt wird. Und ich möchte heute einfach mal allen Eltern danken, die ihren Kindern eine Beziehung zur Natur ermöglichen. Ihnen Achtsamkeit, Wertschätzung und Verantwortung gegenüber unserem Planeten und seinen Bewohnern vermitteln und vorleben. Selbst wenn die selbstgemachte Kürbissuppe verschmäht wird, legt ihr doch einen wahnsinnig wertvollen Grundstein und dafür möchte ich heute einfach mal "Danke!" sagen. Denn ich war so ein Kind und sehe heute, wie viel mir das bringt. Und ich denke, als Zuschauerin aus der Ferne, dass ihr da echt einen guten und wichtigen Job macht!

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

So schön geschrieben und so wahr! Ich denke, ich muss deinen Text mal meinen Eltern zum Lesen geben! Danke dafür! :-) Liebe Grüße, Gesa

desi*d hat gesagt…

Hej!
Wie recht du hast! Ich bin auch ein Kind, das mit dem Geräusch der Getreidemühle groß geworden ist. Es gibt sie noch immer in der Küche meiner Eltern. Auch wenn ich nicht der Getreideschrot-Müsli-Fan geworden bin, hat es mich nachhaltig beeinflusst.
Herzliche Grüße, Désirée

sin-die-weck-weg hat gesagt…

Ha, genau diese Kohler Küchenmschine mit dem Mahlaufsatz hatten wir auch!!!
Problematisch war daran, dass man - wenn man nicht "ununterbrochen" mahlt - immer das ganze Mahlwerk säubern, und dafür auseinander bauen muss - sonst hat man in nullkommonix Mehlmotten... :-(

Aber die Mühle kann echt in kurzer Zeit was "wegputzen"!!!

Zora hat gesagt…

@Gesa: Meine haben sich jedenfalls drüber gefreut - deine werden das sicher auch!

@Desiree: Örks, Getreidemüsli klingt nicht lecker - du Arme!

@Weck: Ahh, Mehlmotten?!?! Ich muss sofort die Mühle auseinanderbauen!

LG Zora

frau siebensachen hat gesagt…

<3

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank für diesen Artikel und das Lob an Eltern! Ich selbst sehe bei mir noch Verbesserungspotential in einigen Dingen, war aber die Tage ganz glücklich und denke ich bin bei meiner Erziehung auf einem guten Weg. Ich hab Müll aufgehoben der direkt vor einem Mülleimer auf der Strasse lag und meine Tochter (7J.) meinte: "Mama ich find das gut das du das machst!" Da dachte ich dann auch das es wichtig ist etwas vorzuleben und dem Kind seine Werte nicht nur zu sagen sondern auch zu zeigen.
Herzliche Grüße
Manu...

Zora hat gesagt…

Liebe Manu, ich denke Eltern bekommen so oft zu hören, was sie alles falsch machen, da ist es auch mal angebracht, zu sagen, was sie richtig machen. Wie z.B. Werte mit Leben zu füllen.
LG Zora