Dazu habe ich mich investigativ an das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gewendet. Und prompt zwei unterschiedliche Antworten bekommen. Aha.
Antwort Nr. 1 von der Pressesprecherin:
"Der
Lebensmittelunternehmer, im vorliegenden Fall der Einzelhändler, ist
nach den Vorgaben des europäischen Lebensmittelrechts (VO (EG) Nr.
852/2004),
u. a. für die hygienisch einwandfreie Beschaffenheit seiner
Betriebsstätte verantwortlich. Dies bedeutet auch, dass er verhindern
muss, dass beispielsweise Krankheitserreger auf Arbeitsflächen oder an
Entnahmebesteck gelangen. Auch wenn die Behältnisse, die
Sie aus dem Privathaushalt für das Verpacken von Wurst, Käse oder
Fleisch zur Verfügung stellen, optisch sauber aussehen, kann doch nicht
ausgeschlossen werden, dass sich auf der Außenseite Krankheitserreger,
beispielsweise Noroviren oder Salmonellen befinden,
die dann beim Abstellen des Behältnisses unbemerkt auf die Theke und
die Arbeitsflächen gelangen könnten. Gleiches gilt, wenn das
Entnahmebesteck mit dem vom Kunden zur Verfügung gestellten Behältnis in
Berührung kommt. Von Arbeitsflächen und Entnahmebesteck
können evtl. Krankheitserreger im Betrieb weiter übertragen werden und
auch auf verzehrsfertige Lebensmittel gelangen, man spricht dann von
Kreuzkontamination.
Deshalb
ist der Lebensmittelunternehmer gesetzlich verpflichtet, sofern er
Mehrwegbehälter verwendet, diese vor der Verwendung selbst adäquat zu
reinigen und entsprechend zu desinfizieren, um beispielsweise eine
derartige Keimübertragung zu vermeiden (Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Anh. II
Kap. X Nr. 1 i. V. m. Nr. 4 der VO (EG) Nr. 852/2004). Dies würde
bedeuten, dass er das von der Kundschaft zur Verfügung
gestellte Behältnis erst einmal selbst reinigen und desinfizieren
müsste, was in der Praxis so nicht möglich ist. Vom (sauberen) Aussehen
eines Gefäßes kann man ohnehin nicht auf eine evtl. vorhandene
Keimbelastung schließen. Ein Schnelltestlabor steht jedoch
dem Lebensmittelhändler kaum zur Verfügung. Deshalb lehnen viele
Mitarbeiter an den Bedientheken eine derartige Vorgehensweise im Sinne
des gesundheitlichen und vorbeugenden Verbraucherschutzes ab."
Bei dieser Antwort fand ich die Unterstellung interessant, der Bereich hinter der Theke sei keimfrei und sozusagen ein gelobtes Land der Lebensmittelhygiene. Interessant auch die Annahme, die Dose müsse zwingend hinter die Theke. Das stimmt aber ja nicht: Dose auf die Theke, Käse hinter der Theke abwiegen und in die Dose fallen lassen - mit dieser "Falltechnik" werden alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt, was hier aber keine Erwähnung findet. Zusammengefasst war die Antwort also: Geht nicht, weil viel zu gefährlich!
Dann habe ich aber noch eine zweite Mail bekommen, diesmal von einem Dipl.-Ing. der "Spezialeinheit Lebensmittelsicherheit" (klingt das nicht voll gefährlich und cool und KSK9-mäßig?):
"Die
Entscheidung, ob ein Verkauf von Ware in mitgebrachte Behälter erfolgt,
liegt beim jeweiligen Lebensmittelunternehmer. Denn dieser ist
verantwortlich für die
Einhaltung der geltenden (europarechtlichen) Hygienevorschriften. Gem.
Art. 3 VO (EG) Nr. 852/2004
stellen
die Lebensmittelunternehmer sicher, dass auf allen ihrer Kontrolle
unterstehenden Produktions-,Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von
Lebensmitteln die einschlägigen Hygienevorschriften
dieser Verordnung erfüllt sind. Gem. Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II
Kapitel IX Nr. 3 der VO (EG) Nr. 852/2004
sind Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der
Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie
für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen
bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem
Zustand nicht zu erwarten wäre.
Die
Ablehnung aus „hygienischen Gründen“ durch Mitarbeiter erklären wir uns
als Wahrnehmung der beschriebenen Verantwortung und Ergebnis einer
entsprechenden Risikobewertung
seitens des Lebensmittelunternehmers."
Ich fand es hoch interessant, dass die Antwort der Pressesprecherin negativ war, die des Mitarbeiters der Spezialeinheit hingegen viel mehr Spielraum gelassen hat. Ich halte mich also an die Einschätzung des Fachmannes, der sich bestimmt besser mit der Materie auskennt, als die Pressesprecherin, deren Antwort mit Schnelltests und Laborausrüstung doch sehr dramatisch ausgefallen ist.
12 Kommentare:
Liebe Zora,
das deckt sich auch mit meiner Einschätzung aus dem Laden gestern, ist aber sehr interessant, die offiziellen Mails zu haben. Auch wenn es keine eindeutige Argumentation dafür liefert, dass es plastikfrei geht, kann ich in Zukunft bei kleineren Läden zumindest darauf verweisen, dass die EU Verordnung es nicht wörtlich vorgibt, dass eine mitgebrachte Dose nicht befüllt werden darf. :)
Alles Liebe
Dani
Viel Erfolg dabei! Wobei man in den kleinen Läden üblicherweise eh keine Probleme hat.
LG Zora
Super das du dir die Arbeit gemacht hast und nachgefragt hast.
Lustig das du verschiedene Antworten darauf bekommst. Da könnte man davon ausgehen, dass die Verpackungsindustrie dahinter steckt. Umso mehr ihre eigenen Behälter mit bringen umso weniger Verpackungsmaterial wird benötigt!
glg
sonja
Hallo, interessant! Danke für deine Nachfrage!
Toll, die Annahme, hinter der Theke sei es Keimfrei! Ich habe gestern unseren Verkäufer hinter der Theke darauf hingeiwesen, dass. Sein altes ranziges Pflaster am Finger sehr unhygienisch ist im Gegensatz zu meiner Edelstahldose, in der er mir aus eben diese Gründen den Käse nicht geben wollte... ja, mit derVerpackung an der Theke bin ich bei uns bis auf den Stadt Markt leider sehr erfolgreich bisher... aber steter Tropfen... ich frage einfach täglich weiter, und jetzt habe ich ja auch deine zweite Mail da kann ich mir ein paar Argumente klauen!
Viele Grüße von der Zwergenmama
Sollte nicht erfolgreich heißen...:-) ich schaffe es also kaum,ohne Verpackung aus dem Laden zu gehen... Leider!
@Sonja: Ich find's auch immer lustig, wie Hygiene zum heiligen Gral erklärt wird. Natürlich ist sie super wichtig und ich möchte sie (speziell im Lebensmittelbereich) nicht missen und zugleich denk ich mir oft, die sollten einfach mal die Kirche im Dorf lassen.
@Zwergenmama: Viel Erfolg beim streiten! Ich hab's einfach aufgegeben, weil die MitarbeiterInnen im Supermarkt eh nix zu sagen haben. Dafür genieß ich den Einkauf auf dem Markt umso mehr.
LG Zora
Hej Zora,
danke für diese Info! Ich hab auch die Erfahrung gemacht, dass die eher kleinen, unabhängigen Läden da zu meinen Gunsten entscheiden (sprich in meinen Behälter abfüllen). Und wer´s nicht macht, bei dem kauf ich halt nicht mehr - wenn die sich das leisten können *g*
Ha, genau so is' es! Ich versuch das einmal und wenn das nicht klappt, kauf ich dort nach Möglichkeit nicht mehr ein.
LG Zora
Hi, ich hab mal eine Frage zu der Glasdose. Ich suche gerade welche, aber die haben alle Deckel aus PP. Ist PP genauso schädlich wie anderer Plastik?
Lg Dani
Liebe Dani, das kann ich dir gar nicht genau beantworten. Spontan gehe ich davon aus, dass in jedem Deckel Weichmacher drin sind, was schonmal grundsätzlich problematisch ist. BPA-frei ist schonmal ein tick besser, die Ersatzstoffe, die stattdessem drin sind, sind aber im Prinip vergleichbar. Bloß noch nicht so gut untersucht.
Ich habe tatsächlich auch noch keine transportfähige Glasdosen mit Glasdeckel gefunden, mein Mittagessen nehme ich daher im Weckglas mit. Für den Einkauf ist die Dose mit Plastedeckel für mich ok, weil die Lebensmittel in der Regel keinen Kontakt zum Deckel haben und nur ca. 15 Minuten in der Dose liegen.
Viel Erfolg bei der Suche nach der richtigen Dose für dich!
LG Zora
Danke, dass Du Dir die Mühe gemacht hast.
Scheinbar bleibt wirklich nur hartnäckig bleiben, weitersuchen bis man endlich gefunden hat - einen Laden, der flexibel und unbürokratisch ist.
lg
Maria
Ja, ich kenn das "Problem" wenn man den Coffee-To-Go gern im eigenen Becher haette ... lustigerweise: zwei teure Baeckereien/Konditoreien haben kein Problem damit, weil ja der Becher und die Kaffeemaschine keinen Kontakt haben sondern der Becher mit Abstand unter der "Tuelle" steht, waehrend die Kaffeetheke in der Uni das rigoros ablehnt ... versteh das wer will.
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