Mein Wohnblock ist kein schöner Ort zum Leben. Die Architektur wirft immer wieder die Frage auf, ob überhaupt geplant war, dass dort mal Menschen nicht nur untergebracht sein sollen, sondern tatsächlich leben wollen. Eine einzige Sache gibt es aber, die mir richtig gut gefällt: Der Architekt hat sich, warum auch immer, dazu entschieden Kirschbäume in die Anlage zu pflanzen. Die blühen im Frühling sehr schön und im Sommer lassen sie unbeachtet ihre Kirschen fallen. Dieses Jahr stand ich aber plötzlich davor und hab mich gefragt, wie mir der Schatz, der da direkt unter meiner Nase wächst, eigentlich bisher entgehen konnte. Ich meine: frische Biokirschen für lau, hallo!? Kurze Rücksprache mit dem Hausmeister: Natürlich darf man die Ernten - es macht bloß keiner.
Also hab ich mir gleich am nächsten Tag Leiter und Eimer geschnappt und innerhalb kürzester Zeit fast 2 kg Kirschen geerntet. Weil sie stark von Fruchtwürmern befallen waren, musste ich beim Entsteinen ganz genau hingucken und rede mir jetzt selber gut zu, ich hätte alle Würmchen erwischt.
Um die ganzen Kirschen zu verarbeiten habe ich erstmal eine Donauwelle gebacken. Die wurde zum größten Teil eingefroren, dann hab ich sehr leckeren Kuchen auf Vorrat und kann mich noch lange an den Kirschen freuen. Dann hab ich für den sofortigen Genuss Eis gekauft, dass es mit heißen Kirschen gab, damit war ein weiterer Teil gut versorgt. Blieb immer noch ein beachtlicher Rest. Aus dem habe ich dann einen Kirschlikör nach diesem Rezept angesetzt.
Zutaten:
660 g Kirschen
330 g Kandiszucker
1/2 Stange Zimt
3 Nelken
2 Flaschen Vodka (0,75 l)
Kirschen waschen, entsteinen, bei gesammelten auf Würmchen kontrollieren. Die Zutaten je zur Hälfte auf zwei 1-Liter-Gläser verteilen, oder komplett in ein Riesenglas geben. Den Kandis als erstes reingeben, dann Gewürze und Kirschen und zum Schluss mit Vodka auffüllen. 6 Wochen lang sonnig stellen und immer mal wieder schütteln - da bin ich gerade dabei. Danach filtern und dunkel in Flaschen lagern. Die Kirschen auffangen und für andere Rezepte weiterverwenden.
Je länger der Likör nach dem Filtern reift, desto besser soll er schmecken, mindestens ein Jahr sollte es aber wohl schon sein. Im Rezept werden sogar 2-3 Jahre empfohlen, aber das halte ich wirklich für utopisch. Mal schauen, wie lange ich es aushalten werde, zu warten.
4 Kommentare:
Wie genial ist das denn? :)
So, wie du dein Wohnviertel beschreibst, haben wir sehr ähnliche Wohnumgebungen... Aber bei uns gibt es leider keine Kirschen - dafür aber andere Bäume, Wiesen, Sträucher usw.
Schön zu hören, dass fragen (in dem Fall beim Hausmeister) manchmal so einfach ist. :)
Um einfach mal zu fragen hab ich tatsächlich ja auch nur 5 Jahre gebraucht ;-)
Kennst du mundraub.org ? Die listen deutschlandweit zugängliche Obstbäume auf, vielleicht ist da ja auch was in deiner Nähe.
LG Zora
Ja, Mundraub.org kenne ich und finde die Seite auch sehr gut - leider gibt es bei mir in der Nähe keinen einzigen eingetragenen Standort. Hier gibt es viele Wiesen usw. auf denen man (auch) essbares/verwendbares findet - aber keine "großen" Fundorte, die sich einzutragen lohnen. Jedenfalls habe ich noch keine gefunden; ich entdecke immer wieder Ecken, die ich aus einem bestimmten Blickwinkel noch gar nicht kannte. Oder jemand bringt mich auf die Idee, dass man Pflanze X auch noch essen kann - und plötzlich seh ich diese Pflanze überall... :)
Ich bin sehr unsystematisch, was das angeht. ^^
Ach schade! Mundraub funktioniert in den Großstädten ganz gut, aber auf dem platten Land wird's schwierig.
Bei den Wildpflanzen hast du mir viel voraus - das ist echt toll, wenn du eine Wiese sozusagen "lesen" kannst!
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